Rose und Harry

Aufgeregt wirken die Beiden, als sie das prachtvolle Stück aus dem Papier schlagen.

Das Messer ist gewetzt und es kann nichts schief gehen, außer Harry schneidet zu weit, nein Rose schneidet zu weit. Mittlerweile sind sie sich einig, dass sie das bessere Vorstellungsvermögen hat. Es soll keine Tasche werden, mehr ein Zweifachschnitt, gleichmäßig und, denn das wäre unverzeihlich, ohne Löcher. 

Mit viel Gefühl setzt Rose den ersten Schnitt und spürt die Leichtigkeit, mit der das Messer in das Fleisch eindringt. „Nicht drücken, ziehen,“ mahnt sie sich selbst. Fast lustvoll schneidet sie weiter, riecht die frische Schnittfläche, tastet sich vorsichtig vor. Eine kleine Unsicherheit entsteht, als sie die zweite Richtung angeht, sie muss umdenken. Kleine Perlen Schweiß entstehen auf ihrer Stirn und sie spürt, wie ihre Achseln transpirieren. Rose zieht das Messer heraus - es scheint vollbracht. Liebevoll klappt sie die Einschnitte auf, drückt sanft die Fleischplatte gleichmäßig flach. 

Harry greift zu Salz und Pfeffer, würzt und streicht eifrig die Brätpaste auf das ausgebreitete Fleisch, legt Schinkenstreifen, Mozarellascheiben und Eierscheiben darauf. Geschwind wird der Braten gerollt und mit langer Nadel zugenäht. Stolz betrachten sie Ihr Werk. Ein Hoffnungschimmer entsteht, dass nun nichts mehr schief geht. Das Anbraten von Braten und Gemüse und dessen Ablöschen mit diesem guten Rotwein zaubert einen wunderbaren Duft, der durch die Wohnung zieht. 

Dieser lockt auch gleich die ältere Generation auf den Plan, die spontan in der Tür stehend ungeduldig fragen: „Wann gibt es Essen?“ und „Hmmmmm, riecht das lecker, was gibt’s zu Essen?“

Stille entsteht. Die Vier sehen sich einen Moment lang schweigend an, und dann brechen sie in lautes Gelächter aus - verdrehte Welt eben. Harry reicht den Eltern ein Glas Wein zum Anstoßen und gemütlich plaudernd vollenden sie gemeinsam das Gericht in entspannter Atmosphäre.


Ich folge der wunderbaren Schreibeinladung für die Textwochen 01.02.22:

Die Wörter für die Textwochen 01/02 des Jahres 2022 stiftete Ludwig Zeidler. Sie lauten:

Hoffnungsschimmer
unverzeihlich
nähen.

auf Irgendwas geht immer.

Die Spielregeln sind: Drei Begriffe in maximal 3oo Wörter zu verpacken, die Textart ist egal.


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Die Stimmungstafeln sind eine kleine Lockerungsübung mit Motiv, Text und Farbe zu spielen.


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Kommentare: 4
  • #1

    Christiane (Montag, 10 Januar 2022 12:26)

    Okay, okay, ich bin überzeugt *sabber*. Wann soll ich wo sein? ;-)
    Cool. Was man nicht alles (ver-) nähen kann, ich bin auch in dieser Runde bei jeder Etüde begeisterter.
    Schön, dass du auch im neuen Jahr wieder dabei bist, liebe Doro, ich freue mich sehr!
    Grüße aus dem grauhimmeligen Hamburg! :-D

  • #2

    Doro (Montag, 10 Januar 2022 13:07)

    Liebe Christiane,
    das freut mich sehr, dass es Dich anspricht und ja, auch ich hatte Appetit bekommen....
    Ich freu mich so sehr auf dieses neue EtüdenJahr - herzlichen Dank für all Deine Mühen.
    Liebe Grüße zurück aus dem silbrigmonotonhellgrauen München

  • #3

    Werner Kastens (Dienstag, 11 Januar 2022 19:31)

    Wie wollen wir denn dieses neue Genre benamen? Mampfitüde, Kaloritüde, Bratitüde?Endlich mal was Leckeres!

  • #4

    Doro (Mittwoch, 12 Januar 2022 13:49)

    Lieber Werner,
    Lach - eine gute Idee, die leckeren Etüden in einen Begriff zu fassen - wie wäre es mit Footüde? Wenn wir mehr solcher Etüden zusammen kriegen sollte etwas gefunden werden. Da hast Du recht.
    LG Doro